Neue Pionierleistungen der Zermatt Bergbahnen: Luxus-Rekord-Seilbahn Matterhorn glacier ride wird 2000 Personen in der Stunde befördern.
Mutige Bauarbeiten oder doch eher Akrobaten! Und dies auf einer Höhe von 3821 Meter ü. Meer! (c) Fotos: ROPO/MuA/Kulturonline.ch
Die höchstgelegene Dreiseilumlaufbahn (3S) der Welt wird im September 2018 am Kleinen Matterhorn bei Zermatt eröffnet.
Das Schweizer Internetmagazin Kulturonline.ch durfte exklusiv die letzten Bauarbeiten an der neu geplanten 3S Bahn (Dreiseilumlaufbahn) von Trockensteg nach Klein Matterhorn besichtigen, ehe die Eröffnung im September 2018 stattfindet. Mathias Imoberdorf, Communication & Medie Manager der Zermatt Bergbahnen AG, präsentierte die Rekord-Seilbahn mit Pininfarina Design. Getragen wird das Projekt hauptsächlich von den Aktionären, die Burgergemeinde Zermatt mit 23,6%, BVZ Holding AG mit 22 % und der Einwohnergemeinde Zermatt mit 18,3 %.
Mathias Imoberdorf ist zuständig für Communication und Media Management bei der Zermatt Bergbahnen AG. Er zeigte Kulturonline.ch die wichtigsten Bauetappen.
Am 1. April 2016 fiel der offizielle Startschuss für den Bau des neuen Matterhorn glacier rides. 145 Personen von 38 verschiedenen Unternehmen sind am grössten Bauprojekt in der Geschichte der Zermatt Bergbahnen AG beteiligt. Die 3S Bahn (Dreiseilumlaufbahn) wird ab September 2018 bis zu 2'000 Personen stündlich auf das Matterhorn glacier paradise (Klein Matterhorn) befördern – 365 Tage im Jahr! Der Bau der Bahn zwischen Trockener Steg und Matterhorn glacier paradise kostet etwa 55 Millionen Franken. Er stellt Mensch und Maschine vor immense Herausforderungen, denn auf 3'821 Metern über Meer entscheiden Wind und Wetter über den Baufortschritt und die menschliche Kraft.
Dies ist die Gondel-Nr. 11! Ein exklusiver Blick in den Innenraum der 3S-Kabinen mit Pininfarina Design.
Kälte und Wind, Schneefall und Nebel
Tagestemperaturen bis zu minus 30 Grad, Windspitzen bis 240 km/h, starker Schneefall und dichter Nebel sind auf dem Klein Matterhorn keine Seltenheit. Seit 2016 bauen dort auf fast 4'000 Metern Höhe und in extrem steilem Gelände Bauarbeiter in Expeditionsausrüstung den neuen Matterhorn glacier ride. Aufgrund der sauerstoffarmen Höhenluft vermag ein Mensch auf der höchsten Baustelle Europas nur etwa 60 bis 80 Prozent seiner normalen Leistung zu erbringen. Doch nicht nur den Menschen verlangt die Höhe einiges ab, auch das Material kommt an seine Grenzen. Da Betonarbeiten nur bis +5 °C möglich sind, wird der Beton mit warmem Wasser im Zwischendepot auf Laghi Cime Bianche (Italien) zubereitet und darf während des Wegs mit der Transportseilbahn nicht unter 8 °C auskühlen. Auch die Baumaschinen mussten vorab für die Arbeit unter solch extremen Druck- und Temperaturbedingungen technisch angepasst werden. Denn auf fast 4'000 m ü. M. sinkt der Luftdruck, und damit auch der Sauerstoffgehalt, bereits auf 60 Prozent in Relation zur Meereshöhe.
Schutz vor Steinschlägen und Lawinen
Bevor es mit den Bauarbeiten losgehen konnte, musste die Baustelle auf dem Klein Matterhorn zunächst vor Steinschlägen geschützt werden. Hochspezialisierte Mitarbeiter der Firma Gasser Felstechnik AG brachten in Handarbeit Schutznetze an. Zunächst lösten sie, mit Pickel und Hebeeisen ausgerüstet, lose Steine auf einer Fläche von 3‘000 m2 von der Felsoberfläche, indem sie sich vom Grat her über die Felswand abseilten. Anschliessend verlegten die Hochalpinspezialisten ein Hexagonal-Schutz-Geflecht auf der Felsoberfläche, für das zehn Tonnen Stahl verbaut wurden. Vier Schutznetze oberhalb der Baustelle und künftigen Bergstation schützen auf einer Fläche von 4 x 200 Metern zusätzlich vor Steinschlag und Lawinen.
Mit 5 Tonnen Sprengstoff wurde diese Plattform neu auf dem Kleinen Matterhorn errichtet.
Im Schutze der Steinschlagverbauungen und nach der Räumung von etlichen Tonnen Schnee wurde ein Kran für die weiteren Bauarbeiten errichtet, der auf einer Basis von 3.5 x 3.5 Metern mit 16 Ankern à 8 Meter befestigt wurde, und es konnte mit dem Sprengaushub der neuen Bergstation begonnen werden. Die grösste Herausforderung: Wie sollen die Bohrgeräte ohne ebene Arbeitsfläche speditiv eingesetzt werden? «Um dem Problem zu begegnen, erstellten wir mit kleineren Sprengungen und einem Bagger mit Spitzhammer vom Erschliessungsstollen her zwei provisorische Zugänge zum höchsten Punkt der Baugrube. So konnten wir die Bohrlafetten positionieren und mit dem Aushub von oben beginnen», erklärt Thomas Aschwanden, Projektleiter und stellvertretender Geschäftsführer der Firma Gasser Felstechnik AG.
Ungefähr ein Drittel des Aushubs wurde aufgrund der anspruchsvollen Topographie nicht mit einem der beiden Bohrgeräte, sondern mit der Handbohrmaschine am hängenden Seil realisiert. Die ausgehobenen Löcher von 2 bis 3 Metern Länge wurden anschliessend mit Sprengstoff gefüllt. Auf diese Weise wurden pro Tag 30 Löcher in die Felswand gebohrt und im Durchschnitt 100m3 Fels abgetragen. Für den Gesamtaushub von 10‘000 m3 wurden 90 Arbeitstage und fünf Tonnen Sprengstoff benötigt. Nach dem Aushub wurde eine 31 x 8.5 Meter grosse Fundamentfläche gegossen.
Air Zermatt als Luft-Anlieferpartner und eine Materialseilbahn
Nachdem die Baustelle auf dem Klein Matterhorn zunächst nur mit dem Helikopter beliefert werden konnte, wurde im Sommer 2016 eigens für den Bau des Matterhorn glacier rides eine Materialseilbahn zwischen den Stationen Laghi Cime Bianche (I) und Matterhorn glacier paradise gebaut. Die 4‘015 Meter lange Materialseilbahn der Moosmair GmbH vermag ein Gewicht von 8 Tonnen zu transportieren. Bei ihrem Bau musste insbesondere auf die Zementmischung für die Verankerung geachtet werden, die auf solchen Höhen Permafrosttauglich sein muss und während dem Transport nicht vorzeitig auskühlen darf. Über ein 650m2 grosses Zwischendepot auf Laghi Cime Bianche (I) wurde ab Sommer 2016 das Baumaterial grösstenteils via Materialseilbahn auf die hochalpine Bergstation befördert.
Aussenbaustelle vom Matterhorn glacier ride. Bild anklicken, dann erfahren Sie mehr über die Erstbesteigung vom berühmten Matterhorn, welches man gegenüber sehen kann. (c) Fotos: ROPO/MuA/Kulturonline.ch
Die ausserordentlichen Dimensionen der 3S Bahn
Die Drahtseile wurden über Romanshorn mit MAN Lastwagen auf die italienische Seite des Matterhorns gefahren.
Die dicken Bergbahnseile werden von den starken MAN Lkw abgewickelt.
Auf der Strecke des Matterhorn glacier rides befinden sich zwei Steher, jeweils am Eingang der Stationen, und drei Stützen zwischen den Stationen. Über diese fünf Elemente laufen die Tragseile. Die Steher stellen ausserdem sicher, dass die Kabinen im richtigen Winkel in die Stationen einfahren und stützen die Station ab. Für die beiden Stationen mussten aufgrund der ausserordentlichen Dimensionen der 3S Bahn 1550 m3 Beton verbaut werden. Enorme Mengen, die normalerweise für mehrere Bahnanlagen ausreichen würden. Alleine für die Fundamente der Stütze 1 (2‘941 m ü.M.) wurden 440 m3 Beton verbaut. Das ganze Stützenmaterial wurde via Testa Grigia (I/CH) mit einem Pistenfahrzeug und einem angehängten Schlitten zur Baustelle transportiert. Für die Montage wurde ein Raupenkran der Firma Clausen Transporte eingesetzt. Bei Stütze 2 (3‘059 m ü. M.) waren aufgrund des lockeren Erdmaterials umfangreiche Aushubarbeiten, massive Erdverschiebungen und insgesamt 141.5 Tonnen Armierungsstahl nötig, um die Stütze genügend zu verankern. Bis zu 35 Meter ragen die sogenannten Stützenfüsse dort in den Felsen, wovon nun nur noch drei Meter sichtbar sind. Auch bei Stütze 3 (3‘771 m ü. M.) gestalteten sich die Arbeiten aufgrund der exponierten Baulage anspruchsvoller. Dort trug ein über den Gletscher antransportierter Schreitbagger erst Eis ab, um den Fels für die Aushubarbeiten freizulegen. Nach der Erstellung der vier Fundamente, musste für die Montage des Stützenmaterials ein zusätzlicher, 52 Meter hoher Kran aufgestellt werden.
Die moderne Anlage mit Kabinen im Pininfarina Design (ein Unternehmen von Ferrari) gestaltet die Fahrt aufs Matterhorn glacier paradise deutlich komfortabler als bisher. Die 3S Bahn von LEITNER ropeways entsteht ergänzend zur bestehenden Pendelbahn und erhöht die Beförderungskapazität. Vorteilhaft ist zudem, dass bei Revisionen immer eine Bahn fährt, was früher nicht möglich war.
Links
https://www.matterhornparadise.ch
https://www.matterhornparadise.ch/de/medien/matterhorn-glacier-ride
https://www.matterhornparadise.ch/de/aktuelles/webcams
https://www.matterhornparadise.ch/de/sommer/bergsteigen-und-klettern/matterhorn-erstbesteigung
https://www.air-zermatt.ch
https://www.leitner-ropeways.com/de/
http://www.pininfarina.it/en/homepage/homepage.htm