Michael von der Heide mit Album «Paola» (Universal Music) weiter auf Erfolgskurs
Mit 9 Jahren verliebte sich Michael von der Heide in Paola.
Zum 25-jährigen Bühnenjubiläum eine Verneigung an sein Idol.
Seit wenigen Tagen ist das neue Album «Paola» von Michael von der Heide auf dem Markt. Mit der aktuellen Single «Paola et moi», sie ist das feine musikalische Appetithäppchen zum neuen Album «Paola» erzählt Michael von der Heide – seit langer Zeit «ein Grosser der Schweizer Musikszene», wie ihn Paola Felix heute rühmt – jetzt genau diese wahrlich märchenhafte Geschichte. Denn: Paola hat Michael von der Heide seither nie mehr losgelassen. Im Gegenteil: zu seinem 25-jährigen Bühnenjubiläum macht sich der einzigartige Entertainer und grossartige Schweizer Sänger deshalb gleich das allergrösste Geschenk: Ein ganzes Album mit 17 Songs als Hommage an seine erste ganz grosse musikalische Liebe – an Paola.
Link zum aktuelle Videoclip «Paola et moi»
https://www.youtube.com/watch?v=8LUHKbl0UTw
TV-Auftritte
08.05.2016: SRF 1 «Reporter».
08.05.2016: Star TV «Prix Walo Gala».
Kulturonline-Wettbewerb
Gewinnen Sie exklusiv mit Kulturonline das beliebte Album «Paola» von Michael von der Heide mit Autogramm. Zur Wettbewerbsfrage: In welchem Zusammenhang wurde Paola die grosse musikalische LIebe von Michael von der Heide? Antwort bis 7. Mai 2016 an …
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Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der/die GewinnerIn wird persönlich benachrichtigt. Pro Absender gilt nur eine Person.
Zwischen Dramatik, Freude und Einzigartigkeit
Die fliegende Rettungscrew der Air Zermatt ist rund um die Uhr einsatzbereit. (c) Fotos: ROPO/MuA
Air Zermatt – Eine Abenteuergeschichte zwischen Matterhorn und Himalaja
Sprungbereit und voll konzentriert. Fast stündlich ändert sich pro Tag die Anzahl der Rettungs- und Transportflüge von Gerold Biner, Helikopter-Pilot und CEO der Air Zermatt. Gerade waren es 3666. Legendär sind seine Einsätze im Wallis und in Nepal. Im Jahr 1968 wurde die Air Zermatt in damals einfachen Verhältnissen vom Apotheker, Flugrettungspionier und Erfinder Beat H. Perren in Zermatt als Aktiengesellschaft gegründet. Pilot und CEO Gerold Biner, der seit 1983 bei der Air Zermatt angestellt ist, lernen wir gleich bei unserem Besuch auf der Basis in Zermatt von einer kritischen Seite kennen: «Seit Beginn der Flugrettung in der Schweiz hat sich viel verändert, aber nicht immer zum Vorteil für die zu rettenden Personen. Die leider zunehmenden flugtechnischen und behördlichen Vorgaben in der Schweiz werden zu Ärgernissen und auch die bürokratisch orientierten, gesetzgebenden Institutionen in Europa und ihre unverständlichen Vorgaben nehmen Formen an, die jeder Logik und Vernunft spotten.»
Link: Webcam zur Basis Air Zermatt.
EASA-Bürokratie gefährdet Flugrettung auch in der Schweiz
Hinter der European Aviation Safety Agency (EASA) in Köln stehen nach Biner wohl Bürokraten, die von der Flugrettung in der Praxis keine Ahnung haben. Dass dabei die Schweiz die Vorgaben dieser europäischen Gesetzgeber adaptiert, ist bedenklich. Gerold Biner wird konkret: «Beinahe täglich wird man mit neuen Richtlinien konfrontiert, die die Existenz der Helikopterunternehmen, welche Rettungs- und Transportflüge durchführen, gefährden. Ein Beispiel sind die Rettungswinden am Helikopter. Nach maximal 1'200 Bewegungen oder alle zwei Jahre müssen diese gemäss dem Europäischen Regulator EASA in Revision gehen. Da keine Austauschwinden verfügbar sind, würde eine Neuanschaffung als Ersatz für diesen Helikopter 250`000.-- Franken kosten, ansonsten könnten rund ein Drittel der Rettungseinsätze nicht mehr oder nur schwer durchgeführt werden. Zudem würde sich das operationelle Risiko massiv erhöhen, was ja wohl kaum der Sinn sein kann.“
Weitere Vorgaben der EASA: Heli-Piloten ab 60 dürfen keine Rettungseinsätze oder Rundflüge durchführen. «Was machen diese bis 65 oder 67 Jahren?», fragt sich dazu der CEO der Air Zermatt.
Doch damit nicht genug. Bei Flügen ab 4'000 m über Meer sind alle Piloten und Passagiere verpflichtet, Sauerstoff zu benutzen. «Mit diesen Massnahmen sind in der Praxis, für zu rettende Menschen am Berg und die Notärzte am Seil keine Rettung mehr möglich. Beim 150-jährigen Matterhorn-Erstbesteiger-Jubiläum haben wir in der Festwoche 1'000 Passagiere in solche Höhen befördert. Viele Mitfliegende haben unsere geäusserten Vorgaben missachtet, weil diese Höhe für sie kein Problem darstellte und sie sich aus hygienischen Gründen schlichtweg weigerten. Zudem wollten diese sich frei im Innern des Helis bewegen», erklärt Biner, der sich für ein vernünftiges, situatives Handling in den Rettungsphasen einsetzt.
Turnender Techniker von Air Zermatt. Grosse Beachtung gehört dem laufenden Heli-Service!
Gesunder Menschenverstand
Im Endeffekt geht es darum, dass man einen gesunden Menschenverstand walten lassen sollte. Die Rettungsorganisationen, welche täglich mit komplexen Situationen zurechtkommen müssen, machen inzwischen Druck auf die Schweizer Behörden und nicht zuletzt auf das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).
Die gültige Aussenlandeverordnung ist ein weiteres Hindernis in einer Kette von Problemfeldern in der täglichen Arbeit der Helikopterunternehmen. Auch hier sind die Existenz und Arbeitsplätze von Piloten, Flughelfern, Notärzten, Bergrettern, Technikern, Mechanikern und Büroangestellten gefährdet.
Gerold Biner zur Kostengerechtigkeit: «In der Schweiz versuchen wir die Einsätze sinnvoll und mit so wenig Kosten wie möglich zu gestalten. Rettungseinsätze in der Schweiz sind nämlich dreimal günstiger als zum Beispiel in Frankreich. Dort geht alles zu Lasten des Staates.»
Die Air Zermatt ist froh, dass dem gesetzlichen Wildwuchs intern mit juristischen Fachkräften immer wieder Paroli geboten werden kann. Der Sohn vom Verwaltungsratspräsidenten Beat H. Perren ist Jurist, selber Pilot und hat enorme Fachkenntnisse. Dr. Philipp Perren ist ein Kämpfer für sinnvolle, qualitativ sichere Rettungsarbeit im Dienste der Öffentlichkeit und speziell der regionalen Bevölkerung. Er ist motiviert das Lebenswerk seines Vaters zu verteidigen.
Startklar: Helipilot und CEO der Air Zermatt, Gerold Biner.
Medizinische Zukunft ist auf guten Wegen
Aktuell ist die medizinische Rettung bereits auf einem hohen Qualitätsniveau, dennoch geht die Forschung und Weiterentwicklung in diesem Bereich weiter. «Auch die Techniken im Rettungs-Helikopter werden immer moderner und leistungsstärker. In zehn bis zwanzig Jahren wird jeder Flug noch umweltfreundlicher.
Drohnen könnten bei Suchflügen und schlechtem Wetter dienlich sein. Auf Piloten, Notärzte und Bergretter wird man in Zukunft aber dennoch nicht verzichten können», sagt Gerold Biner, der zudem seit diesem Jahr im Stiftungsrat der Schweizerischen Rettungsflugwacht (REGA) mitwirkt. Durch diese Beziehungen tauscht man sich fachlich, technisch und wegen den behördlichen Vorschriften regelmässig aus.
Bekannt wurde Heli-Pilot Gerold Biner nicht nur wegen seinen Rettungsflügen auf 4'000 m hohen Bergen im Wallis, auch die mehrteilige DOK-Serie vom Schweizer Fernsehen SRF über die Ausbildung von Piloten und Rettungskräften in Nepal und mit speziellen Einsätzen im Himalaja-Gebirge, die erstmals auf 7'000 m Höhe geflogen wurden, gingen in die Geschichtsbücher der Flugrettung ein.
Air Zermatt zählt über 60 Mitarbeitende und 9 Helikopter
Die Air Zermatt beschäftigt inzwischen über 60 Mitarbeitende, die in verschiedenen Aufgaben wirken: 12 Piloten, 16 Flughelfer, 10 Rettungsärzte bzw. Rettungssanitäter und Transporthelfer, 12 lizenzierte Mechaniker sowie 14 Personen in der Einsatzleitung, Administration und im Kundendienst. Die Heli-Flotte besteht aus einem Lama, fünf Ecureuil, einer brandneuen EC 130 T2 und den beiden zweimotorigen Maschinen EC 135 und Bell 429. Die Air Zermatt verfügt im Wallis über drei Basen in Gampel, Raron und Zermatt.
Die langjährige Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Rettungsflugwacht (REGA) und Air Glacier hat sich stets bewährt. CEO Biner: «Zwischen uns gibt es kein Konkurrenzdenken. Gemeinsam werden Synergien optimal genutzt. Die zu rettenden Personen oder Hilfsflüge für Bauern sind uns wichtig. Touristenflüge und Gönner-Beiträge helfen uns finanziell auf gesunden Beinen zu stehen und notwendige Investitionen zu tätigen.»
Das Interview mit Air Zermatt-Pilot Gerold Biner
Pilot Gerold Biner: Präzision beim Rettungseinsatz, unweit vom Monta-Rosa-Gletscher.
5 Fragen an den Mensch Gerold Biner
Gerold Biner, woraus schöpfen Sie die Kraft, um für diese anspruchsvollen Aufgaben als Heli-Rettungspilot und CEO der Air Zermatt gewappnet zu sein?
Gerold Biner: «Für mich ist die Familie und das Team ganz wichtig. Im Team, im Debriefing, besprechen wir die Einsätze ausführlich, dabei dürfen auch Gefühle Platz haben. Als Team erleben wir Extremsituation, in der Folge gibt man mehr preis von sich persönlich und solche Momente verbinden. Wir alle wachsen mit den Aufgaben. Ich finde beispielsweise in meiner Alphütte, in der Natur, schnell Ruhe und Erholung. Auch der Glaube bedeutet mir viel, sonst würde man in gewissen Situationen fast verzweifeln.»
Und welche Rolle spielen die Familienmitglieder?
«Gemeinsam haben wir Verhaltensregeln eingeführt, um die Familienmitglieder nicht unnötig Tag für Tag, während meiner anspruchsvollen Arbeit, zu belasten. Konkret gehen wir stets im Frieden aus dem Haus, Konflikte werden vorher geklärt. Über die Einsätze bei der Air Zermatt spreche ich in der Familie so wenig wie möglich. Wichtig ist, dass ich mir die Alltagssorgen der Familienmitglieder anhöre und dass ich sie mit meiner Meinung und Erfahrung berate. Das gemeinsame Frühstück ist meiner Familie heilig. Vom Küchentisch aus sehen wir gemeinsam das imposante Matterhorn. Und wenn ich das Haus verlasse, dann bekreuzige ich mich mit Weihwasser. Aus all dem schöpfe ich Kraft für den Tag.»
Beobachten Sie in Ihrer Arbeit Einflüsse, wenn Vollmond ist?
«Das ist eine gute Frage, die wurde mir noch nie gestellt. Wir Menschen neigen dazu bei Vollmond je nach Typ schlecht zu schlafen. Aber bei der Rettungsfliegerei habe ich seit rund 30 Jahren keinen deutlichen oder regelmässigen Einfluss wegen dem Vollmond erlebt.»
Sie haben beim Orell Füssli Verlag Ihr erstes Buch «Fliegen um Leben und Tod – Bergretter zwischen Matterhorn und Everest» geschrieben …
«Ja, alle diese Erlebnisse in der Schweiz und in Nepal, speziell im Himalaja-Gebirge, aufzuschreiben gaben mir die Möglichkeit eine Hommage an all jene Bergretter, Piloten, Ärzte, Rettungssanitäter, Einsatzleiter und Helfer zu schreiben, die irgendwo auf diesem Planeten bereit sind, ihr Leben für andere Menschen, die sie in der Regel nicht kennen, aufs Spiel zu setzen. Diesen Rettern gebührt unser aller Respekt.»
Was bedeutet Ihnen das berühmte Matterhorn und die Berge in der Region?
«Alle diese Berge widerspiegeln für mich ein Stück Heimat. Wir können hier 29 4'000 Meter hohe Berge bestaunen. 1990 war ich selbst einmal auf dem Matterhorn. Beim 150-jährigen Jubiläum der Erstbesteigung am Matterhorn war es eindrücklich zu sehen, dass sich alle an das Verbot zur Besteigung des Matterhorns gehalten haben. So wollte man die Erstbesteiger und die abgestürzten Toten würdigen. Das Freilichtspiel "The Matterhorn Story" zeigt in eindrücklicher Art und Weise welche Geschichten sich schon damals abspielten: Im Leben geht es oft um Liebe und Tod, Freundschaft und Rivalität, Grössenwahn und Gottesglauben.»
Bergrettung oberhalb der Monta-Rosa-Hütte
Blick aus dem Helikopter Bell-429-Cockpit. Air Zermatt HB-ZSU beim Anflug zur Monta-Rosa-Hütte. (c) Fotos: ROPO/MuA
Erschöpfte Bergsteiger nach Tour zur Dufourspitze
Plötzlich ist die Ruhe im Aufenthaltsraum bei der Air Zermatt, die sich unweit von der Dorfeinfahrt von Zermatt, oben auf einem Felsplateau, befindet, vorbei. Alarm! Eine verängstigte Familie von einem Bergführer aus dem Südtirol habe seit Stunden nichts mehr vom Familienoberhaupt gehört. Schnell wird die Ausgangslage abgeklärt: Eine Dreier-Seilschaft, darunter eine Frau, sei am Vortag morgens um 2 Uhr zur Dufourspitze aufgebrochen, aber bis 18 Uhr sei keine telefonische Nachricht gekommen. Bedauerlicherweise wurden die Telefonate der besorgten Familie nie abgenommen. Ein Bergführer sichtet schliesslich das erschöpfte Trio oberhalb der Monta-Rosa-Hütte. Mittels Funkgerät wird die Air Zermatt mit dem zweimotorigen Helikopter Bell 429, Kennzeichen HB-ZSU, zur Rettung avisiert.
Die Aktion ist unspektakulär, aber für die Betroffenen entscheidend, sie sind am Ende ihrer Kräfte. Nur 18 Minuten nach dem Start sind die Geretteten auf der Basis Zermatt. Auf wackligen Beinen, leicht hinkend und mit gesenkten Köpfen, laufen sie ins Büro der Air Zermatt, wo der Einsatz ohne zu zögern bar bezahlt wird. Kurze Zeit später bringt ein Taxi die Geretteten ins Dorf, wo sie ihr Hotel aufsuchen und sich erholen. Die Familie im Südtirol wird telefonisch über den guten Ausgang informiert.
Link zur Air Zermatt.
Link zur Stiftung Alpine Rescue Foundation (ARF).
Bild des Tages aus Bischofszell
Geliebter, alter Hase wird ehrenvoll ausgefahren!
In Bischofszell auf einem Parkplatz hat unser Fotograf diesen alten, abgenützten Spielzeug-Hasen auf der Ablagefläche bei der Heckscheibe in einem modernen BMW entdeckt. Was mag er wohl alles erlebt haben? Die Zuwendungen dürften jedenfalls intensiv gewesen sein, nicht umsonst sieht man an ihm, dass er geliebt, behütet und gar durch Jahrzehnte «angerieben» wurde. Manch ein Spielzeug wird wohl heute nach einer gewissen Zeit – vielleicht des Überdrusses wegen – einfach weggeworfen, entsorgt. Nicht so dieser Spielzeug-Hase, an ihm haften sicher wertvolle Erinnerungen. Er wird weiter achtsam und würdevoll gehalten und sogar auf alle Reisen mit dem Auto hingebungsvoll mitgenommen. Jemandem liegt er ganz besonders am Herzen, dies ist gewiss und schön auf diesem Weg anzuschauen und zu bestaunen. Dieser Spielzeug-Hase dürfte am Ende eher in ein Museum kommen, als mit der Abfall-Verbrennungsanlage Bekanntschaft zu machen. Gut so!
Das Interview mit dem britischen Erfolgsautor Ian Rankin aus Edinburgh
Harte Zeiten für John Rebus: Ian Rankins Krimiheld muss gegen frühere Kollegen ermitteln; zudem wird Schottland über die Trennung von Großbritannien entscheiden. Rebus ist dagegen, sein Autor von dem Politspektakel vor allem genervt. Der neue spannende Fall über die schottischen Verhältnisse erscheint im September 2014 in deutscher Übersetzung bei Manhattan: „Schlafende Hunde“ (OT Saints of the Shadow Bible). Am 18./19. September 2014 entschieden sich die Schotten mit 55,3 zu 44,7 Prozent , dass sie weiterhin Grossbritannien angehören wollen.
Im Interview von Sabine Schmidt nimmt Ian Rankin Stellung zu politischen Aspekten, berichtet über seinen moralischen Helden John Rebus und wie seine Krimis in seinem ganz persönlichen Umfeld entstehen.
Ian Rankin (Foto: zVg/Manhattan-Verlag)
Mister Rankin, Sie hatten John Rebus schon in den Ruhestand geschickt. In Ihrem letzten Krimi „Mädchengrab“ ermittelt er aber wieder, und jetzt auch im neuen 19. Fall: „Schlafende Hunde“. Warum haben Sie ihn reaktiviert?
Ian Rankin: Rebus fesselt mich nach wie vor. Ich bin mir immer noch nicht über alle Aspekte seiner Persönlichkeit und seiner Geschichte im Klaren, kann aber nur mehr über diesen seltsamen Kerl herausfinden, wenn ich über ihn schreibe. Aktivieren konnte ich ihn, weil die Polizei in Schottland das Pensionsalter geändert hat, so dass sich Rebus aus dem Ruhestand heraus wieder bewerben konnte. Das hat er getan, weil Polizeiarbeit sein Leben ist: Er kann und will nichts anderes.
Das Buch ist am 8. September 2014 beim Verlag Manhattan erschienen.
Der Fokus Ihres neuen Krimis liegt auf den 1970er und 1980er Jahren, als Rebus noch sehr jung war. Seine älteren Kollegen taten selbstherrlich, was immer sie für richtig hielten, deckten möglicherweise sogar einen Mörder – und das soll jetzt, Jahrzehnte später, aufgeklärt werden. Wie sind Sie auf diese Geschichte gekommen?
Einer der Ausgangspunkte war ein Fall, der in England für viel Aufregung gesorgt hat: Ein Kriminalbeamter brachte einen Mörder dazu, zu gestehen, hielt sich dabei aber nicht an die Gesetze, und der Täter wurde trotz seines Geständnisses nicht verurteilt. Der andere Ausgangspunkt ist, dass ich an vielen Abschiedsfeiern von Polizisten teilgenommen habe, die in Pension gingen, und dabei viele traf, die in Edinburgh in den 1970er und 1980er Jahren Dienst taten. Das hat mich dazu gebracht, über Rebus als jungen Mann
nachzudenken. Wie war er, als er Kriminalbeamter wurde? Was hat er erlebt, dass er ein so zynischer und einsamer Polizist wurde, der Regeln und Anweisungen nicht befolgt?
Rebus‘ alte Polizeitruppe nannte sich „Saints of the Shadow Bible“, das ist auch der englische Titel Ihres neuen Krimis. Was bedeutet er?
Die Zeile stammt aus einem Song von Jackie Leven: „The saints of the shadow bible following me / From bar to bar to eternity“. In diesem Lied wird der Erzähler von etwas oder jemandem heimgesucht, möglicherweise von Geistern aus seiner Vergangenheit, und er versucht, ihm zu entkommen, indem er trinkt. Das klingt sehr nach Rebus, und es passte perfekt zu der Idee eines Verbrechens, das ihn aus der Vergangenheit heimsucht und vielleicht sogar zerstört. Ich habe aber keine Ahnung, was Jackie mit seinem Song gemeint hat.
Warum sollte es eine Zeile von ihm sein?
Wir waren Freunde und haben sogar ein Album zusammen aufgenommen. Kurz vor einem gemeinsamen Konzert in Belfast wurde er krank und starb bald darauf. Um an ihn zu erinnern, nimmt der Krimi, der unmittelbar nach seinem Tod entstanden ist, mit seinem Titel auf eine falsch verstandene Zeile aus einem von Jackies Songs Bezug: „Standing in Another Man’s Grave“ (im Song: „Standing in Another Man’s Rain“; deutscher Buchtitel: „Mädchengrab“). Das gefiel meinem Verleger, mir gefiel es auch, und so habe ich für den neuen Band wieder nach einer Zeile in Jackies Songs gesucht.
Haben Sie auch seine Musik gehört, als Sie den neuen Krimi geschrieben haben?Ich höre immer Musik, wenn ich schreibe, aber nur Instrumentalmusik, von Brian Eno und Tangerine Dream oder andere elektronische Musik.
Sie wollten früher selbst mal Rockstar werden …
Ja, wie viele Romanautoren. Am nächsten komme ich diesem Traum, wenn ich über Musik schreibe, deshalb spielt sie für Rebus eine wichtige Rolle. Sein Musikgeschmack erzählt viel über ihn, sein Alter, sein Einzelgängertum. Er tanzt nicht und geht nicht zu Partys. Er mag beschauliche Musik, Leonard Cohen oder Tom Waits, und Musik aus seiner Vergangenheit: die Stones, The Who.
Ihr Lieblingsschurke Cafferty, mit dem Rebus eine Art Hassliebe verbindet, taucht in „Schlafende Hunde“ nicht auf, aber Ihre anderen drei Helden: John Rebus, seine langjährige Polizei-Partnerin Siobhan Clarke und Malcolm Fox, den Rebus bis jetzt nicht ausstehen konnte, dem Sie aber zwei eigene Bände gewidmet haben. Warum bringen Sie die drei näher zusammen?
Fox arbeitet als interner Ermittler. Diese Zeit geht demnächst zu Ende, und er wird vermutlich zu normaler Polizeiarbeit zurückkehren – so ist es bei der schottischen Polizei geregelt, daran halte ich mich. Dann wäre er von Kollegen umgeben, die ihn wegen seines bisherigen Jobs nicht mögen oder ihm nicht trauen. Und Clarke ist inzwischen aus Rebus‘ Schatten herausgetreten und wurde befördert. Ich fand es interessant, beide, Fox und Clarke, auf ihren neuen Wegen zu begleiten und auch Rebus dabei zu haben.
Sie sprechen in Ihrem Krimi das Referendum an, mit dem die Schotten darüber abstimmen, ob sie sich von Großbritannien trennen und unabhängig werden. Warum haben Sie das thematisiert?
Es ist schwierig, in Schottland zu leben und nicht über dieses Referendum nachzudenken! Es scheint das einzige zu sein, womit Politiker und Journalisten sich zurzeit befassen. Viele Schotten sind jetzt schon genervt. Ich auch – aber weil es ein wichtiges Thema unserer Zeit ist, muss es in meinem Krimi vorkommen.
Warum wollen viele Schotten unabhängig von London sein?
Ein Grund ist, dass wir einen anderen Blick auf die Welt als die anderen Bewohner Großbritanniens haben, eine andere Lebensphilosophie, eine andere Einstellung zu sozialer Gerechtigkeit. Es hat auch damit zu tun, dass die Konservative Partei in London an der Regierung ist, die in Schottland, wie alle rechten Parteien, sehr unbeliebt ist. Und dass das riesige, reiche London sich vor allem um seine eigenen Belange kümmert.
Warum wollen die Befürworter der Unabhängigkeit die Queen und das Pfund behalten?
Eigentlich wollten sie das nicht: Sie wollten den Euro haben und die Queen loswerden. Aber diese Optionen sind unpopulär, deshalb haben die Befürworter der Unabhängigkeit sich anders entschieden: gegen den Euro, für die Queen. Es gibt aber auch viele weitere wichtige Fragen. Kann Schottland allein zurechtkommen? Könnten wir bald Mitglied der EU werden? Wie würde sich unsere Beziehung zur NATO ändern? Die Politiker haben viele Fragen bis jetzt nicht beantwortet oder nicht einmal gestellt.
Auch Ihre Krimihelden sind mit dem Referendum konfrontiert. Wie werden Rebus, Clarke und Fox wählen?
Rebus stimmt gegen die Unabhängigkeit, weil er konservativ ist. Das heißt nicht, dass er für die Konservative Partei stimmen würde, aber dass er den Status quo bevorzugt: Er mag die Dinge so, wie sie sind, und hat Angst vor Veränderungen. Clarke stimmt für die Unabhängigkeit. Sie ist jünger und idealistischer und findet die Veränderungspotentiale aufregend. Fox ist vorsichtig: Er trifft nicht gern Entscheidungen, wenn er nicht muss. Er wägt ab, denkt nach, wartet auf Antworten.
Wie werden Sie sich entscheiden?
Ich sage niemandem, wie ich wählen werde, weder jetzt noch bei einer anderen Wahl. Es ist allein meine Entscheidung. Prognosen zufolge wird das Referendum gegen die Unabhängigkeit ausfallen, wenn auch möglicherweise sehr knapp. Das wird die Befürworter hoffen lassen, dass sie sich irgendwann doch noch durchsetzen können.
In „Schlafende Hunde“ wird der Justizminister, der ein Vertreter der Unabhängigkeit ist, getötet. Warum haben Sie gerade ihn als Opfer gewählt?
Die aktuelle Regierung in Schottland ist für die Unabhängigkeit, deshalb muss auch der Justizminister dafür sein. Sie sollten nicht so viel hineinlesen: Es ist kein politisches Statement von mir, dass ein Vertreter der Yes-Kampagne stirbt.
Edinburgh und Schottland sind in Ihren Krimis sehr präsent. Hätte ein unabhängiges Schottland Auswirkungen auf sie?
Wahrscheinlich nur wenig. Edinburgh verändert sich sicherlich etwas, wenn es die Hauptstadt einer neuen Nation wird, und das wäre ein Thema meiner Krimis. Aber Rebus wird sich nicht plötzlich ändern, der Alltag geht weiter, und Verbrechen gibt es nach wie vor.
Wo entstehen Ihre Krimis?
«Schlafende Hunde» habe ich überwiegend in Edinburgh geschrieben. Ich habe Zuhause ein großes Büro mit einem alten Computer, einer Stereoanlage, einem Sofa und tausenden CDs und Schallplatten – das ist mein Rückzugsraum. Manchmal fahre ich aber auch 300 Kilometer nördlich in einen abgelegenen schottischen Küstenort, in dem es kein Internet gibt und keinen Handyempfang. Die letzte Version des neuen Krimis ist dort entstanden: So abgeschottet finde ich leichter Zugang zu Rebus‘ Welt.
Interview: Sabine Schmidt//Manhattan Verlag 2014.
Zum politischen Hintergrund: Unabhängig nach 300 Jahren?
Die Schottische Nationalpartei (SNP) will ihr Land von Großbritannien trennen. Ein Referendum wird darüber im September 2014 entscheiden.
David Cameron hat den Weg für das Unabhängigkeitsreferendum freigemacht, trotz heftiger Kritik der Konservativen: Der britische Premierminister unterzeichnete gemeinsam mit dem schottischen Ersten Minister Alex Salmond im Oktober 2012 in Edinburgh ein Abkommen, das die Eckpunkte für eine Volksabstimmung festlegt.
Die Unabhängigkeitsfrage ist seit Jahrhunderten Thema der schottischen Politik. Auf die Forderungen nach mehr Selbstbestimmung hat die Labour-Regierung von Tony Blair 1998 mit der «devolution» reagiert: Seitdem gibt es in Edinburgh ein eigenes Parlament und eine Regionalregierung, die über Bildung, Justiz und Gesundheit entscheiden.
Die Scottish National Party, die 2007 unter Salmond zur stärksten Kraft im Parlament wurde, will sich damit nicht zufrieden geben. Weil die Mehrheit der Schotten für sie und damit für die Partei gestimmt hat, die ein Referendum fordert, hat Cameron zugestimmt: Er respektiere den Wählerwillen. Inzwischen hat er sich allerdings deutlich für den Verbleib Schottlands mit seinen fünf Millionen Einwohnern im Vereinigten Königreich ausgesprochen. Aber es bleibt dabei: Am 18. September 2014 werden die Schotten entscheiden können, ob sie die seit 1707 bestehende Union zwischen England und Schottland auflösen wollen.
Die Queen wird ihre Königin bleiben, unabhängig davon, wie die Wahl ausgeht. Das Pfund wollen die Schotten ebenfalls behalten. Vertreter der Konservativen Partei wie Schatzkanzler George Osborne treten aber dafür ein, dass ein unabhängiges Schottland die gemeinsame Währung aufgeben müsste.
Die zentrale Frage des Wahlkampfs lautet: Kann Schottland sich die Unabhängigkeit leisten? Die Meinungen darüber, ob die Einnahmen der schottischen Ölplattformen ausreichen werden, gehen auseinander. Ein halbes Jahr vor dem Referendum scheinen die Skeptiker in der Mehrheit zu sein: Den Prognosen zufolge stehen die Zeichen nicht auf Veränderung.
Interview: Sabine Schmidt / Manhattan Verlag 2014.
Zwei Buch-Empfehlungen
Spannend ...
«Im Namen der Toten», Roman von Ian Rankin
Sommer 2005. Die ganze Welt blickt auf Edinburgh, Gastgeber des G8-Gipfels. Die Stadt ist im Ausnahmezustand, und für die Sicherheitsvorkehrungen wird jeder Mann gebraucht. Nur einer ist zum Stillsitzen verdonnert: Detective Inspector John Rebus. Doch als Spuren gefunden werden, die auf eine Mordserie hindeuten, fackelt Rebus nicht lange und macht sich an die Ermittlungen – die ihn prompt in den Dunstkreis des G8-Treffens führen … - Drei ermordete Sexualstraftäter, ein toter Politiker und zwei Ermittler auf der Suche nach Gerechtigkeit.
Fazit von Kulturonline.ch: Die Literatur-Experten sind sich bei diesem Roman nicht ganz einig: Ist Ian Rankin mit diesem Buch der bislang beste Roman gelungen oder hält er sich noch zurück? Klar ist, Rankin hat einen enormen Fundus von packenden Themen aus der Unterwelt sowie eine sensationelle Schreibkraft! Wie schafft man es so viele Bücher, Romane und Krimistücke zu verfassen? Rankin wurde mit «Im Namen der Toten» als bester Spannungsroman des Jahres mit dem British Book Award ausgezeichnet.
... geheimnisvoll!
Ian Rankin's «So soll er sterben» ist Nummer 1 in Grossbritannien
Kaum war das Werk «So soll er sterben» auf dem Markt, schon kletterte es auf Platz 1 der Buch-Hitparade!
Ein illegaler Einwanderer wird ermordet in einer Edinburgher Sozialsiedlung gefunden – ein Mord mit rassistischem Hintergrund oder etwas ganz anderes? Die Spuren führen Inspector Rebus geradewegs in die Edinburgher Unterwelt. Unterdessen kümmert sich Siobhan Clarke um den Fall eines verschwundenen Mädchens, und auch sie taucht bei ihren Ermittlungen in die dunkelsten Winkel der Stadt ein. Hier, in den Kneipen und Bars des Rotlichtbezirks, halten ein paar Männer alle Fäden in der Hand. Und die sehen es gar nicht gerne, wenn Rebus und Siobhan Clarke ihre Kreise stören …!
Kulturonline.ch meint: Der Nummer-1-Bestseller aus England fasziniert, geheimnisvoll und macht neugierig … - und bringt Hochspannung!
http://www.manhatten-verlag.de
Schriftsteller Martin Walser im Exklusiv-Gespräch mit Kulturonline.ch
«Geliebt werden heisst leben»
Täglich schreibend und studierend. Martin Walser beim Exklusiv-Inter-
view mit Kulturonline.ch. (c) Foto: ROPO/MuA
Über Jahre galt der bekannte und kritische deutsche Schriftsteller Dr. Martin Walser als Chronist der Bedrückten und Gedemütigten. Seit dem Roman «Muttersohn» wirkt er zuversichtlicher. Am 24. März 2012 wird er 85 Jahre jung. Aufhören zu Schreiben ist für ihn kein Thema. Martin Walser über sein Leben, über das Älterwerden und über seinen verstorbenen Thurgauer-Freund Ernst Mühlemann.
Idyllisch nah am Bodensee in Überlingen-Nussdorf gelegen, steht das Haus von Martin Walser. Mehrstöckig. Walser’s Tochter Johanna, sie reiht sich selber – gemeinsam mit den anderen kulturschaffenden Geschwistern – als eine talentierte Schriftstellerin ein, begrüsst uns schüchtern. Zwei Hunde, darunter ein Appenzeller Bläss namens Bruno, heissen uns ihrerseits wedelnd und bellend willkommen. «Ich bin die Johanna» sagt sie und führt uns zum Hintereingang, dort durch den Gang in einen Raum, einer Küche ähnlich, dann die schmale Treppen hoch. Sie geht voraus und öffnet den hellen Arbeitsraum des Vaters und kündigt uns an. Freudige Begrüssung und Aufforderung bei der Sitzgarnitur Platz zu nehmen, wo Kaffee, hausgemachter Kuchen von Käthe, Walsers Ehefrau, und Mineralwasser bereits auf uns warten.
In diesen Tagen ist im Rowohlt-Verlag das neuste Buch «Über Rechtfertigung – eine Versuchung» erschienen. Rechtfertigung ist eine Gewissenserkundung und Suche, eine Annäherung an Vorbilder und Vordenker zu denen Sie auch gehören. Ist dieses neue Werk eine Rechtfertigung für Ihr Leben und für Ihr Schaffen, passend zum 85. Geburtstag?
Martin Walser: «Natürlich nicht, hoffe ich. Es hat sich so ergeben. Man weiss ja nie Bescheid über die Gründe in sich, warum etwas entsteht. In den letzten Jahren habe ich den Roman „Muttersohn“ geschrieben, dabei ist wohl ein anderer Ton entstanden als in meinen früheren Büchern. Ich kam weg vom gesellschaftlich-politischen Thema, mehr hin zum Dasein. Ein Thema war das Wort „Glauben“, welches in mehreren Figuren vorgekommen ist. Dadurch bin ich im Bereich „Glauben“ hängengeblieben. Ich habe viel, auch schon früher, vom Schweizer Theologen Karl Barth (Römerbrief) gelesen. Immer mehr habe ich mich in der Folge mit der Rechtfertigung auseinandergesetzt, was zum neuen Buch führte.»
85 Jahre jung. Hätten Sie je gedacht, dass Sie so alt werden und über die Jahre immer noch so gefragt sind – trotz ihren Sorgen, Nöten und Schlagzeilen im «Haifischbecken» der deutschen Literatur und der Gesellschaft?
«Jeder macht so seine Erfahrungen mit dem Alter … 40, 50, 60 … - positive und negative. Ich habe mich jedoch nur auf die Frage konzentriert, wie lange ich arbeiten kann. Dann machte ich die Erfahrung mit 65, 70, dass ich plötzlich Sachen schrieb, die ich vorher nie hätte schreiben können. Mit dieser Entwicklung war ich einverstanden. So lange dies so weiter geht, interessiert mich die Frage nach dem Alter und Älterwerden nicht. Als älter werdender Mensch kann man sich mit einem Haus vergleichen, manchmal ist das Gerüst wichtiger als das Haus. Auf viele Dinge muss man neu aufpassen, sich anders organisieren. Aber das Schreiben selber findet statt wie immer. Es ist genau so interessant wie vor Jahrzehnten, auch wenn jetzt was ganz anderes dabei heraus kommt als damals. Ich schreibe nicht für andere Personen, für Lesende, die ich gar nicht kenne. Da bin ich nicht alleine. Ich schreibe für mich, veröffentliche die Texte und hoffe, dass es Leute gibt, die sich für diese Themen interessieren. Ich habe keine Zielgruppe. In der Schriftstellerei ist dies – jedenfalls für mich – unvorstellbar. Ich weiss nicht, ob ich weiter schreiben könnte, wenn ich keine Leser hätte, ich hoffe ja. Sicher bin ich nicht. Natürlich ist es unglaublich wohltuend und schön, dies ist eine wichtige, lebenserhaltende Bedingung für den Autor, wenn man Briefe von den Lesenden bekommt, die ihre ganz persönlichen Eindrücke und Erfahrungen widerspiegeln.»
Martin Walser, Sie hatten auch Sorgen und Existenzängste …
«Die habe ich immer, diese Ängste laufen mit, die hören nie auf. Inzwischen habe ich natürlich darüber nachdenken müssen, warum hört die Existenzangst – ein gewaltiges Wort – nicht auf. Ich vermute, dass dies mit der Kindheit zu tun hat. Wenn man in einer Familie aufgewachsen ist, die wirtschaftlich gefährdet war, wenn man die Angst realisiert, die die Eltern vor dem Gerichtsvollzieher haben … Ich glaube, das prägt, man wird dann nie mehr ganz sicher. Rein rational oder rechnerisch müsste ich mir heute sagen, eigentlich müsste es jetzt reichen bis zum Schluss. Aber ich glaube nicht daran. Ich denke immer noch an eine bevorstehen könnende Not. Gut, es war immer eine Existenzbedingung, alle diese Umstände haben uns irgendwie am Leben erhalten. Sicherheit für einen Autor gibt es überhaupt nicht, weder wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. Jedes neue Buch ist eine Expedition ins Niemandsland. Man erlebt Überraschungen, die man nicht für möglich gehalten hat, andererseits ist dies reizvoll. Eine solche unerwartete sympathische Reaktion gab es nach dem Erscheinen von «Muttersohn» von der Leserschaft und Kritikern. Wunderbare, herzliche Zurufe waren das.»
Woran glaubt Martin Walser?
«Man hat keine Meinung über den Glauben. Der Glauben ist nichts Positives, nichts Fixierbares, nicht einmal Abrufbares. Glauben kann man nicht tagein und tagaus ein- und ausschalten. Glauben ist eine hochkomplizierte Lebensbewegung. Lesen Sie Karl Barth zu diesem Thema. Von ihm habe ich einiges gelernt. Dies konnte ich erst, da ich schon vorher zehn Jahre lang vom dänischen Philosophen, Theologen und Schriftsteller Søren Kierkegaard, dem anderen grossen Wortmensch in Glaubensfragen, gelesen habe. Sie sehen, die Frage nach dem Glauben ist nicht einfach zu erklären.»
Sie leben in Überlingen. Dieser Ort wurde bekannt durch den Absturz zweier Flugzeuge. Diese Tragödie jährt sich im 2012 zum zehnten Mal. Haben Sie damals etwas von diesem Drama realisiert? War das nie ein Thema für einen Roman? (Anmerkung der Redaktion: Das Flugzeugunglück von Überlingen am 1./2. Juli 2002 kostete 71 Menschen (davon 49 Schulkinder) das Leben. Über dem Nordufer des Bodensees kollidierte eine Boeing-Frachtmaschine des Paketdienstes DHL mit einem russischen Tupolew-Passagierflugzeug der Bashkirian Airlines. Auslöser der Katastrophe war ein Zusammenspiel verschiedener unglücklicher Faktoren und Fehlern bei der für den süddeutschen Luftraum zuständigen Flugsicherungsgesellschaft Skyguide in Zürich.)
«Ich weiss nicht was ich für ein Schriftsteller sein müsste, für den dieses traurige Ereignis ein Thema sein könnte. Diese Nacht war sehr laut, sehr erschreckend, sehr rätselhaft. Es mag sein, dass es Schriftsteller gibt, für die es eine Erfahrung war, welche sie zum Schreiben antreibt. Für mich ist das keine Erfahrung, es ist ein vorübergehender Zustand, der niemals bei mir einen Roman verlangt. Das ist ein anderes Metier. Für mich geht diese Frage in Richtung „Fernsehspiel“, da gehört dieses Ereignis und die Verarbeitung hin.»
Hat sich Ihre Beziehung zur eigenen Familie im Alter verändert? Wir haben von Existenzangst gesprochen, eigentlich sind Sie ein mutiger Widder ...
«Um Kinder in die Welt zu setzen, dazu braucht es keinen Mut. Da geht es mir wohl wie vielen anderen Leuten. Das klingt so als ob es einen souveränen Plan … - jetzt will ich ein Kind. Kinder sind unwillkürliche Ergebnisse des Zusammenlebens, die nimmt man in Kauf, lernt sie lieben und wird mit ihnen älter und kann natürlich dann irgendwann feststellen, dass nichts Wichtigeres passiert ist als daß diese Kinder zur Welt gekommen sind. Das merkt man im Laufe des Lebens. Das Kennenlernen der Kinder ist der intensivste Kurs, den man mitmachen kann auf dem Weg zum Menschsein.»
Was gaben Sie Ihren Töchtern Franziska, Alissa, Theresia und Johanna mit auf den Lebensweg?
«Es hat niemals von mir aus einen Versuch gegeben, ein Kind zum Lesen zu bringen, statt zu Schwimmen, Fussball zu spielen oder Fern zu sehen. Ich habe mich allerdings dafür interessiert, wenn ich abends zu den Kindern in ihr Zimmer gekommen bin, jedes Kind hatte ein eigenes Zimmer gehabt, und sie haben gelesen, dann habe ich mich dafür interessiert, was sie lesen. Und das war immer sehr, sehr verschieden. Die eine Tochter hat Gedichte von Erich Fried gelesen, die andere hat Hesse kreuz und quer gelesen, die dritte hat aktuell politische Literatur gelesen und so weiter. Diese Beobachtungen habe ich zur Kenntnis genommen. Einmal in einem familiären Abendgespräch hat eine Tochter so ihre Ansicht formuliert, da musste ich sagen, du schreibst, so formuliert man nicht, so sagt man es nicht, wenn man nicht schreibt. Sie hat das dann zu gegeben. Es war die Johanna. Sie hat mir anschliessend ihre Tagebücher überreicht und die waren faszinierend. Also, die hatten eine sprachliche Feinheit und eine existenzielle Intensität, da empfahl ich diese auch mit der Schreibmaschine abzuschreiben. So sind vier Bücher von ihr entstanden. Bei der Alissa war es irgendwie anders und im Grund genommen auch wieder nicht. Theresia hat zuvor alles andere ausprobiert, vor allem gesungen, vom Singen dann in die Schauspielerei (in Bern), später hatte sie ein erstes Engagement in Göttingen. Sie hat mir von dort ein Manuskript für das Programmheft von „Die Zofen“ von Jean Genetgesandt, welche sie geschrieben hat. Der Artikel war so fantastisch, ich habe nur gestaunt. Da wusste ich, die kann wirklich gut schreiben. Dann schrieb sie Theaterstücke, eines nach dem anderen. Meine Töchter haben sich so selber entwickelt und selber gefunden. Jede machte ihren passenden Weg.»
Sie und Ihre Ehefrau sind gemeinsam älter geworden. Kann man als Ehepaar in unserer Zeit zufrieden und hoffnungsvoll älter werden?
«Unser Älterwerden kann man in romanhafter Form in meinen Büchern nachlesen. Natürlich ist es ein Problem älter zu werden. Es ist eine tiefer gehende Frage, ob man mit den Schwierigkeiten des Älterwerdens nur Schwierigkeiten hat oder ob sie produktiv werden. Ich muss sagen, meine Schwierigkeiten des Älterwerdens führen dann zum Schreiben. Und wenn man schreibt führt es zu etwas Schönerem als es in Wirklichkeit ist.»
Sie sind ein Kämpfertyp, der sich gerne mit seinen Widersachern, mit heiklen Themen auseinander setzt. Hat sich mit dem Älterwerden auch mehr Gelassenheit, Geduld und Vergebung spürbar gemacht?
«Ich kann mich nicht gut selber beobachten. Es fällt mir schwer mich und mein Verhalten zu diesen Stichwörtern über die Jahrzehnte zu analysieren. Allerdings stelle ich fest, dass ich rascher nervös reagiere als vor 20 Jahren. Das kann damit zu tun haben, dass tatsächlich die Nerven empfindlicher werden. Gelassener, ruhiger, geduldiger oder friedlicher bin ich nicht geworden, das gelingt mir einfach nicht.»
In «Muttersohn» (erschienen 2011) zeigen Sie sich voller Zuversicht …
«Ja, dagegen kann ich nichts sagen, es wird schon so sein. Ich war selber überrascht, dass dieses Werk und die Figur Percy so hell und unbeschwert gelangen. Es war für mich eine schöne Schreib-Erfahrung, einmal mit einer ungequälten Figur, ohne Mittelstandsprobleme und ohne Midlife Crisis einen Menschen auf dem Papier entwickeln zu dürfen.» (Pause, denkt nach …).»
Eigentlich wollen Sie ja geliebt, geschätzt und respektiert werden. Haben Sie diese Erfüllung gefunden?
«Ich hoffe doch, das wollen doch alle Leute. Ich möchte mich nur auf das Geliebt-Sein konzentrieren, das reicht, es ist unabhängig vom Alter. Das Geschätzt-Sein und das Respektiert-Sein will ich weglassen. Geliebt werden heisst leben und ohne geliebt zu werden, ich weiss nicht was das für ein Dämmerzustand sein soll.»
Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kunst und das Kunsthandwerk sowie die Schriftstellerei künftig wohl schwierige Zeiten vor sich. Lohnt es sich in dieser Zeit Schriftsteller zu sein?Ein Beispiel, ich zitiere. Die bekannte Schweizer Schriftstellerin Milena Moser sagte: «An meinem letzten Buch habe ich 43'400 Franken verdient. Das ist aussergewöhnlich viel. Für ein Buch. Für die drei Jahre Arbeit, die dahinterstecken, eher wenig. Quelle: Tagblatt, 18.2.12»
«Ja, solche Rechnungen gibt es andauernd, das war früher nicht anders. Ich habe instinktiv und realistisch betrachtet mein Schreiben verdient durch andere Tätigkeiten. Am Anfang beim Radio, dann beim Fernsehen, denn ich wollte nie vom Schreiben – und von dem was es abwirft – abhängig sein. Davor hatte ich immer eine Art Angst. Deswegen habe ich auch nie in meinem Leben Vorschüsse von Verlagshäusern angenommen. Jahrelang habe ich gearbeitet ohne wirklich vom Schreiben leben zu können. Wenn ich es ganz hart sage, konnte ich erst von meinem 50. Lebensjahr an davon leben. Damals schrieb ich die Novelle „Ein fliehende Pferd“ (1978) und plötzlich habe viele Leute diese gelesen und ich habe Geld verdient. Gut, ich will nicht ungerecht sein. Schon in den 60er Jahren, als ich noch beim Radio und Fernsehen nebenher gearbeitet habe, schrieb ich Theaterstücke, die häufig aufgeführt wurden. Ich denke, es hat sich bis heute nicht verändert, dass man schon damals mit Theaterstücken leichter Geld verdiente als mit dem Schreiben von Romanen. Ich sage immer, dieses Haus, wo wir jetzt wohnen, sollte eigentlich Villa „Zimmerschlacht“ heissen, so hiess ein Stück von mir, welches sehr oft gespielt wurde und das Geld für die Zinsen einbrachte. Das gehört aber auch zur Unschuld des Schreibens, dass man es nicht tun kann, um Geld zu verdienen. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich versucht habe etwas zu Schreiben um Geld zu verdienen, ich habe das zweimal gemacht, dann ging es immer daneben.»
Wie sehen Sie es, Martin Walser, gehört die Zukunft den E-Books?
«Keine Ahnung. Da darf ich nun sagen, dass mich das nichts mehr angeht. Ich werde selber beim Papier bleiben, selbst wenn ich bei den Verträgen der Verlage solche Abmachungen unterschreibe, praktisch interessiert es mich nicht.»
Ihnen sind Freundschaften wichtig. Wie gewinnen Sie noch heute Freunde im Alter?
«Wirklich gute Freunde im Leben zu finden war schon immer schwer, ganz unabhängig vom Alter. Das merkt man daran, man hat Freunde gehabt und hat sie dann plötzlich nicht mehr.»
Eine Freundschaft pflegten Sie zum verstorbenen Thurgauer Ex-Nationalrat Ernst Mühlemann. Wie haben Sie sich gefunden und was bedeutete Ihnen diese Beziehung?
«Ernst Mühlemann lernt ich vor vielen Jahrzehnten, wir waren beide zwischen 30 und 40 Jahre alt, kennen. Mühlemann war immer an Literatur interessiert; und er war vom regionalen Leben im Raum Bodensee begeistert. Diese beiden Aspekte mussten uns zusammenführen. Er war für mich besonders, weil er der erste Mensch in diesen regionalen Aktivitäten war, der reden konnte. Er konnte das Wort ergreifen und er hatte kein Problem mit dem nächsten und übernächsten Satz geistreich fortzufahren. Die Gedanken und Aussagen flossen ihm einfach zu, es war eine Freude ihm zuzuhören und ihn zu erleben. Das Entstehen der Sätze beim freien Reden, das waren für mich die ersten und einprägsamsten Eindrücke von ihm. Davon fühlte ich mich zu ihm hingezogen. Ich hatte einzigartige Erlebnisse mit ihm, wir haben uns gegenseitig gut verstanden. Dass so jemand dann einfach stirbt ist für mich unverständlich, damit werde ich mich nie abfinden können. Er fehlt.»
Was sagen Sie zum aktuellen Weltgeschehen?
«Eigentlich finde ich die aktuelle weltpolitische Lage eher unbesorgter als zurzeit vom Kalten Krieg. USA und Sowjetunion hoch gerüstet gegeneinander, Blöcke des Misstrauens und der Feindseligkeit … - und dagegen sind wir jetzt im Frieden. Ich finde es sehr gerecht, dass durch die „Euro-Krise“ das Wirtschaftsgeschehen in unserer Nachrichtenwelt den ersten Platz einnimmt. Mich hat das Wirtschaftsgeschehen schon immer stark interessiert. Ich habe die Wirtschaftsteile in der Zeitung genau so aufmerksam gelesen wie das Feuilleton. Durch die aktuelle Entwicklung ist das zum Allgemein-Thema geworden. Darin sieht man wie leicht die Menschen durch Nachrichten leicht zu beeinflussen sind, dadurch auch panisch werden. Es gibt für mich keine Grenze der Solidarität mit einem Land wie Griechenland, welches nun zur Europäischen Gemeinschaft gehört.»
Was denken Sie über die Schweiz?
«Ich habe immer eine grosse Neugierde gegenüber dem Schweizer Politiker Christoph Blocher gehabt. Was von Blocher in den Nachrichten sogar bis nach Deutschland herüber kam, hat mir imponiert. Ich habe dann schon gemerkt, dass ich bei gewissen Freunden anecke, wenn ich Blocher so gut finde. Das tut mir leid ... (Pause). Blocher hatte schon recht als er sagte: „Eine Wirtschaftsunion ohne eine fiskalische Gleichschaltung der Politik mittels Euro kann nicht funktionieren.“ Fehler kann man nur verbessern, wenn man Fehler gehabt hat. Jetzt kann man die Fehler korrigieren, nun erfolgen fiskalische Erneuerungen, an die man vor fünf Jahren nicht gedacht hat. Und die Schweiz … - zum Glück braucht man sich um die Schweiz keine Sorgen zu machen. Ein solcher Staat, der mit vier Sprachen so gut existiert, ist für ein globales Zeitalter exemplarisch. Wir können nur etwas lernen dabei.»
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person: Martin Walser …
… wurde am 24. März 1927 in Wasserburg geboren und lebt in Überlingen-Nussdorf am Bodensee. Er ist verheiratet, Vater von vier Töchtern und einem ausserehelichen Sohn. Er gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern der Gegenwart und durfte zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen, so den Georg-Büchner-Preis und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Ausserdem konnte er den Orden «Pour le Mérite» entgegen nehmen und wurde zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt. Wegen dem Roman «Jenseits der Liebe» (1976) wurde er von Marcel Reich-Ranicki heftig kritisiert, was sich 2009 im Roman «Tod eines Kritikers» niederschlug. Ein Kontakt zwischen den beiden Autoren kam nie zustande.
Im März 2012 veröffentlicht der Corso-Verlag «Meine Lebensreisen», Auszüge von Reisen aus den bisher veröffentlichten Tagebüchern. Der Rowohlt-Verlag brachte soeben das Werk «Über Rechtfertigung, eine Versuchung» heraus und im September soll der Roman «Das 13. Kapitel» erscheinen. Im April 2012 kommt das Buch «Der organisierte Tod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung – Pro und Contra» beim Orell Füssli Verlag auf den Markt, worin Walser einen Beitrag schrieb. Aus seiner Sicht könnte er sich den Tod mit Exit vorstellen wie er bereits 2011 im «Stern» berichtete.
Weitere Links:
www.rowohlt.de (Rowohlt hat diverse ältere und neue Romane und Tagebücher
von Martin Walser im Sortiment!)
www.corso-willkommen.de (Corso-Verlag «Meine Lebensreisen», Auszüge von
Reisen aus den bisher veröffentlichten Tagebüchern)
www.ofv.ch (Buchhinweis: «Der organisierte Tod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung – Pro und Contra» beim Orell Füssli Verlag)
Martin Walser auf «YouTube»
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