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Schriftsteller Martin Walser im Exklusiv-Gespräch mit Kulturonline.ch

«Geliebt werden heisst leben»



Täglich schreibend und studierend. Martin Walser beim Exklusiv-Inter-
view mit Kulturonline.ch.                                           (c) Foto: ROPO/MuA


Über Jahre galt der bekannte und kritische deutsche Schriftsteller Dr. Martin Walser als Chronist der Bedrückten und Gedemütigten. Seit dem Roman «Muttersohn» wirkt er zuversichtlicher. Am 24. März 2012 wird er 85 Jahre jung. Aufhören zu Schreiben ist für ihn kein Thema. Martin Walser über sein Leben, über das Älterwerden und über seinen verstorbenen Thurgauer-Freund Ernst Mühlemann.

Idyllisch nah am Bodensee in Überlingen-Nussdorf gelegen, steht das Haus von Martin Walser. Mehrstöckig. Walser’s Tochter Johanna, sie reiht sich selber – gemeinsam mit den anderen kulturschaffenden Geschwistern – als eine talentierte Schriftstellerin ein, begrüsst uns schüchtern. Zwei Hunde, darunter ein Appenzeller Bläss namens Bruno, heissen uns ihrerseits wedelnd und bellend willkommen. «Ich bin die Johanna» sagt sie und führt uns zum Hintereingang, dort durch den Gang in einen Raum, einer Küche ähnlich, dann die schmale Treppen hoch. Sie geht voraus und öffnet den hellen Arbeitsraum des Vaters und kündigt uns an. Freudige Begrüssung und Aufforderung bei der Sitzgarnitur Platz zu nehmen, wo Kaffee, hausgemachter Kuchen von Käthe, Walsers Ehefrau, und Mineralwasser bereits auf uns warten.

In diesen Tagen ist im Rowohlt-Verlag das neuste Buch «Über Rechtfertigung – eine Versuchung» erschienen. Rechtfertigung ist eine Gewissenserkundung und Suche, eine Annäherung an Vorbilder und Vordenker zu denen Sie auch gehören. Ist dieses neue Werk eine Rechtfertigung für Ihr Leben und für Ihr Schaffen, passend zum 85. Geburtstag?

Martin Walser: «Natürlich nicht, hoffe ich. Es hat sich so ergeben. Man weiss ja nie Bescheid über die Gründe in sich, warum etwas entsteht. In den letzten Jahren habe ich den Roman „Muttersohn“ geschrieben, dabei ist wohl ein anderer Ton entstanden als in meinen früheren Büchern. Ich kam weg vom gesellschaftlich-politischen Thema, mehr hin zum Dasein. Ein Thema war das Wort „Glauben“, welches in mehreren Figuren vorgekommen ist. Dadurch bin ich im Bereich „Glauben“ hängengeblieben. Ich habe viel, auch schon früher, vom Schweizer Theologen Karl Barth (Römerbrief) gelesen. Immer mehr habe ich mich in der Folge mit der Rechtfertigung auseinandergesetzt, was zum neuen Buch führte.»

85 Jahre jung. Hätten Sie je gedacht, dass Sie so alt werden und über die Jahre immer noch so gefragt sind – trotz ihren Sorgen, Nöten und Schlagzeilen im «Haifischbecken» der deutschen Literatur und der Gesellschaft?
«Jeder macht so seine Erfahrungen mit dem Alter … 40, 50, 60 … - positive und negative. Ich habe mich jedoch nur auf die Frage konzentriert, wie lange ich arbeiten kann. Dann machte ich die Erfahrung mit 65, 70, dass ich plötzlich Sachen schrieb, die ich vorher nie hätte schreiben können. Mit dieser Entwicklung war ich einverstanden. So lange dies so weiter geht, interessiert mich die Frage nach dem Alter und Älterwerden nicht. Als älter werdender Mensch kann man sich mit einem Haus vergleichen, manchmal ist das Gerüst wichtiger als das Haus. Auf viele Dinge muss man neu aufpassen, sich anders organisieren. Aber das Schreiben selber findet statt wie immer. Es ist genau so interessant wie vor Jahrzehnten, auch wenn jetzt was ganz anderes dabei heraus kommt als damals. Ich schreibe nicht für andere Personen, für Lesende, die ich gar nicht kenne. Da bin ich nicht alleine. Ich schreibe für mich, veröffentliche die Texte und hoffe, dass es Leute gibt, die sich für diese Themen interessieren. Ich habe keine Zielgruppe. In der Schriftstellerei ist dies – jedenfalls für mich – unvorstellbar. Ich weiss nicht, ob ich weiter schreiben könnte, wenn ich keine Leser hätte, ich hoffe ja. Sicher bin ich nicht. Natürlich ist es unglaublich wohltuend und schön, dies ist eine wichtige, lebenserhaltende Bedingung für den Autor, wenn man Briefe von den Lesenden bekommt, die ihre ganz persönlichen Eindrücke und Erfahrungen widerspiegeln.»

Martin Walser, Sie hatten auch Sorgen und Existenzängste …
«Die habe ich immer, diese Ängste laufen mit, die hören nie auf. Inzwischen habe ich natürlich darüber nachdenken müssen, warum hört die Existenzangst – ein gewaltiges Wort – nicht auf. Ich vermute, dass dies mit der Kindheit zu tun hat. Wenn man in einer Familie aufgewachsen ist, die wirtschaftlich gefährdet war, wenn man die Angst realisiert, die die Eltern vor dem Gerichtsvollzieher haben … Ich glaube, das prägt, man wird dann nie mehr ganz sicher. Rein rational oder rechnerisch müsste ich mir heute sagen, eigentlich müsste es jetzt reichen bis zum Schluss. Aber ich glaube nicht daran. Ich denke immer noch an eine bevorstehen könnende Not. Gut, es war immer eine Existenzbedingung, alle diese Umstände haben uns irgendwie am Leben erhalten. Sicherheit für einen Autor gibt es überhaupt nicht, weder wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. Jedes neue Buch ist eine Expedition ins Niemandsland. Man erlebt Überraschungen, die man nicht für möglich gehalten hat, andererseits ist dies reizvoll. Eine solche unerwartete sympathische Reaktion gab es nach dem Erscheinen von «Muttersohn» von der Leserschaft und Kritikern. Wunderbare, herzliche Zurufe waren das.»

Woran glaubt Martin Walser?
«Man hat keine Meinung über den Glauben. Der Glauben ist nichts Positives, nichts Fixierbares, nicht einmal Abrufbares. Glauben kann man nicht tagein und tagaus ein- und ausschalten. Glauben ist eine hochkomplizierte Lebensbewegung. Lesen Sie Karl Barth zu diesem Thema. Von ihm habe ich einiges gelernt. Dies konnte ich erst, da ich schon vorher zehn Jahre lang vom dänischen Philosophen, Theologen und Schriftsteller Søren Kierkegaard, dem anderen grossen Wortmensch in Glaubensfragen, gelesen habe. Sie sehen, die Frage nach dem Glauben ist nicht einfach zu erklären.»

Sie leben in Überlingen. Dieser Ort wurde bekannt durch den Absturz zweier Flugzeuge. Diese Tragödie jährt sich im 2012 zum zehnten Mal. Haben Sie damals etwas von diesem Drama realisiert? War das nie ein Thema für einen Roman? (Anmerkung der Redaktion: Das Flugzeugunglück von Überlingen am 1./2. Juli 2002 kostete 71 Menschen (davon 49 Schulkinder) das Leben. Über dem Nordufer des Bodensees kollidierte eine Boeing-Frachtmaschine des Paketdienstes DHL mit einem russischen Tupolew-Passagierflugzeug der Bashkirian Airlines. Auslöser der Katastrophe war ein Zusammenspiel verschiedener unglücklicher Faktoren und Fehlern bei der für den süddeutschen Luftraum zuständigen Flugsicherungsgesellschaft Skyguide in Zürich.)
«Ich weiss nicht was ich für ein Schriftsteller sein müsste, für den dieses traurige Ereignis ein Thema sein könnte. Diese Nacht war sehr laut, sehr erschreckend, sehr rätselhaft. Es mag sein, dass es Schriftsteller gibt, für die es eine Erfahrung war, welche sie zum Schreiben antreibt. Für mich ist das keine Erfahrung, es ist ein vorübergehender Zustand, der niemals bei mir einen Roman verlangt. Das ist ein anderes Metier. Für mich geht diese Frage in Richtung „Fernsehspiel“, da gehört dieses Ereignis und die Verarbeitung hin.»

Hat sich Ihre Beziehung zur eigenen Familie im Alter verändert? Wir haben von Existenzangst gesprochen, eigentlich sind Sie ein mutiger Widder ...
«Um Kinder in die Welt zu setzen, dazu braucht es keinen Mut. Da geht es mir wohl wie vielen anderen Leuten. Das klingt so als ob es einen souveränen Plan … - jetzt will ich ein Kind. Kinder sind unwillkürliche Ergebnisse des Zusammenlebens, die nimmt man in Kauf, lernt sie lieben und wird mit ihnen älter und kann natürlich dann irgendwann feststellen, dass nichts Wichtigeres passiert ist als daß diese Kinder zur Welt gekommen sind. Das merkt man im Laufe des Lebens. Das Kennenlernen der Kinder ist der intensivste Kurs, den man mitmachen kann auf dem Weg zum Menschsein.»

Was gaben Sie Ihren Töchtern Franziska, Alissa, Theresia und Johanna mit auf den Lebensweg?
«Es hat niemals von mir aus einen Versuch gegeben, ein Kind zum Lesen zu bringen, statt zu Schwimmen, Fussball zu spielen oder Fern zu sehen. Ich habe mich allerdings dafür interessiert, wenn ich abends zu den Kindern in ihr Zimmer gekommen bin, jedes Kind hatte ein eigenes Zimmer gehabt, und sie haben gelesen, dann habe ich mich dafür interessiert, was sie lesen. Und das war immer sehr, sehr verschieden. Die eine Tochter hat Gedichte von Erich Fried gelesen, die andere hat Hesse kreuz und quer gelesen, die dritte hat aktuell politische Literatur gelesen und so weiter. Diese Beobachtungen habe ich zur Kenntnis genommen. Einmal in einem familiären Abendgespräch hat eine Tochter so ihre Ansicht formuliert, da musste ich sagen, du schreibst, so formuliert man nicht, so sagt man es nicht, wenn man nicht schreibt. Sie hat das dann zu gegeben. Es war die Johanna. Sie hat mir anschliessend ihre Tagebücher überreicht und die waren faszinierend. Also, die hatten eine sprachliche Feinheit und eine existenzielle Intensität, da empfahl ich diese auch mit der Schreibmaschine abzuschreiben. So sind vier Bücher von ihr entstanden. Bei der Alissa war es irgendwie anders und im Grund genommen auch wieder nicht. Theresia hat zuvor alles andere ausprobiert, vor allem gesungen, vom Singen dann in die Schauspielerei (in Bern), später hatte sie ein erstes Engagement in Göttingen. Sie hat mir von dort ein Manuskript für das Programmheft von „Die Zofen“ von Jean Genetgesandt, welche sie geschrieben hat. Der Artikel war so fantastisch, ich habe nur gestaunt. Da wusste ich, die kann wirklich gut schreiben. Dann schrieb sie Theaterstücke, eines nach dem anderen. Meine Töchter haben sich so selber entwickelt und selber gefunden. Jede machte ihren passenden Weg.»

Sie und Ihre Ehefrau sind gemeinsam älter geworden. Kann man als Ehepaar in unserer Zeit zufrieden und hoffnungsvoll älter werden?
«Unser Älterwerden kann man in romanhafter Form in meinen Büchern nachlesen. Natürlich ist es ein Problem älter zu werden. Es ist eine tiefer gehende Frage, ob man mit den Schwierigkeiten des Älterwerdens nur Schwierigkeiten hat oder ob sie produktiv werden. Ich muss sagen, meine Schwierigkeiten des Älterwerdens führen dann zum Schreiben. Und wenn man schreibt führt es zu etwas Schönerem als es in Wirklichkeit ist.»

Sie sind ein Kämpfertyp, der sich gerne mit seinen Widersachern, mit heiklen Themen auseinander setzt. Hat sich mit dem Älterwerden auch mehr Gelassenheit, Geduld und Vergebung spürbar gemacht?
«Ich kann mich nicht gut selber beobachten. Es fällt mir schwer mich und mein Verhalten zu diesen Stichwörtern über die Jahrzehnte zu analysieren. Allerdings stelle ich fest, dass ich rascher nervös reagiere als vor 20 Jahren. Das kann damit zu tun haben, dass tatsächlich die Nerven empfindlicher werden. Gelassener, ruhiger, geduldiger oder friedlicher bin ich nicht geworden, das gelingt mir einfach nicht.»

In «Muttersohn» (erschienen 2011) zeigen Sie sich voller Zuversicht …
«Ja, dagegen kann ich nichts sagen, es wird schon so sein. Ich war selber überrascht, dass dieses Werk und die Figur Percy so hell und unbeschwert gelangen. Es war für mich eine schöne Schreib-Erfahrung, einmal mit einer ungequälten Figur, ohne Mittelstandsprobleme und ohne Midlife Crisis einen Menschen auf dem Papier entwickeln zu dürfen.» (Pause, denkt nach …).»

Eigentlich wollen Sie ja geliebt, geschätzt und respektiert werden. Haben Sie diese Erfüllung gefunden?
«Ich hoffe doch, das wollen doch alle Leute. Ich möchte mich nur auf das Geliebt-Sein konzentrieren, das reicht, es ist unabhängig vom Alter. Das Geschätzt-Sein und das Respektiert-Sein will ich weglassen. Geliebt werden heisst leben und ohne geliebt zu werden, ich weiss nicht was das für ein Dämmerzustand sein soll.»

Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kunst und das Kunsthandwerk sowie die Schriftstellerei künftig wohl schwierige Zeiten vor sich. Lohnt es sich in dieser Zeit Schriftsteller zu sein?Ein Beispiel, ich zitiere. Die bekannte Schweizer Schriftstellerin Milena Moser sagte: «An meinem letzten Buch habe ich 43'400 Franken verdient. Das ist aussergewöhnlich viel. Für ein Buch. Für die drei Jahre Arbeit, die dahinterstecken, eher wenig. Quelle: Tagblatt, 18.2.12»
«Ja, solche Rechnungen gibt es andauernd, das war früher nicht anders. Ich habe instinktiv und realistisch betrachtet mein Schreiben verdient durch andere Tätigkeiten. Am Anfang beim Radio, dann beim Fernsehen, denn ich wollte nie vom Schreiben – und von dem was es abwirft – abhängig sein. Davor hatte ich immer eine Art Angst. Deswegen habe ich auch nie in meinem Leben Vorschüsse von Verlagshäusern angenommen. Jahrelang habe ich gearbeitet ohne wirklich vom Schreiben leben zu können. Wenn ich es ganz hart sage, konnte ich erst von meinem 50. Lebensjahr an davon leben. Damals schrieb ich die Novelle „Ein fliehende Pferd“ (1978) und plötzlich habe viele Leute diese gelesen und ich habe Geld verdient. Gut, ich will nicht ungerecht sein. Schon in den 60er Jahren, als ich noch beim Radio und Fernsehen nebenher gearbeitet habe, schrieb ich Theaterstücke, die häufig aufgeführt wurden. Ich denke, es hat sich bis heute nicht verändert, dass man schon damals mit Theaterstücken leichter Geld verdiente als mit dem Schreiben von Romanen. Ich sage immer, dieses Haus, wo wir jetzt wohnen, sollte eigentlich Villa „Zimmerschlacht“ heissen, so hiess ein Stück von mir, welches sehr oft gespielt wurde und das Geld für die Zinsen einbrachte. Das gehört aber auch zur Unschuld des Schreibens, dass man es nicht tun kann, um Geld zu verdienen. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich versucht habe etwas zu Schreiben um Geld zu verdienen, ich habe das zweimal gemacht, dann ging es immer daneben.»

Wie sehen Sie es, Martin Walser, gehört die Zukunft den E-Books?
«Keine Ahnung. Da darf ich nun sagen, dass mich das nichts mehr angeht. Ich werde selber beim Papier bleiben, selbst wenn ich bei den Verträgen der Verlage solche Abmachungen unterschreibe, praktisch interessiert es mich nicht.»

Ihnen sind Freundschaften wichtig. Wie gewinnen Sie noch heute Freunde im Alter?
«Wirklich gute Freunde im Leben zu finden war schon immer schwer, ganz unabhängig vom Alter. Das merkt man daran, man hat Freunde gehabt und hat sie dann plötzlich nicht mehr.»

Eine Freundschaft pflegten Sie zum verstorbenen Thurgauer Ex-Nationalrat Ernst Mühlemann. Wie haben Sie sich gefunden und was bedeutete Ihnen diese Beziehung?
«Ernst Mühlemann lernt ich vor vielen Jahrzehnten, wir waren beide zwischen 30 und 40 Jahre alt, kennen. Mühlemann war immer an Literatur interessiert; und er war vom regionalen Leben im Raum Bodensee begeistert. Diese beiden Aspekte mussten uns zusammenführen. Er war für mich besonders, weil er der erste Mensch in diesen regionalen Aktivitäten war, der reden konnte. Er konnte das Wort ergreifen und er hatte kein Problem mit dem nächsten und übernächsten Satz geistreich fortzufahren. Die Gedanken und Aussagen flossen ihm einfach zu, es war eine Freude ihm zuzuhören und ihn zu erleben. Das Entstehen der Sätze beim freien Reden, das waren für mich die ersten und einprägsamsten Eindrücke von ihm. Davon fühlte ich mich zu ihm hingezogen. Ich hatte einzigartige Erlebnisse mit ihm, wir haben uns gegenseitig gut verstanden. Dass so jemand dann einfach stirbt ist für mich unverständlich, damit werde ich mich nie abfinden können. Er fehlt.»

Was sagen Sie zum aktuellen Weltgeschehen?
«Eigentlich finde ich die aktuelle weltpolitische Lage eher unbesorgter als zurzeit vom Kalten Krieg. USA und Sowjetunion hoch gerüstet gegeneinander, Blöcke des Misstrauens und der Feindseligkeit … - und dagegen sind wir jetzt im Frieden. Ich finde es sehr gerecht, dass durch die „Euro-Krise“ das Wirtschaftsgeschehen in unserer Nachrichtenwelt den ersten Platz einnimmt. Mich hat das Wirtschaftsgeschehen schon immer stark interessiert. Ich habe die Wirtschaftsteile in der Zeitung genau so aufmerksam gelesen wie das Feuilleton. Durch die aktuelle Entwicklung ist das zum Allgemein-Thema geworden. Darin sieht man wie leicht die Menschen durch Nachrichten leicht zu beeinflussen sind, dadurch auch panisch werden. Es gibt für mich keine Grenze der Solidarität mit einem Land wie Griechenland, welches nun zur Europäischen Gemeinschaft gehört.» 

Was denken Sie über die Schweiz?
«Ich habe immer eine grosse Neugierde gegenüber dem Schweizer Politiker Christoph Blocher gehabt. Was von Blocher in den Nachrichten sogar bis nach Deutschland herüber kam, hat mir imponiert. Ich habe dann schon gemerkt, dass ich bei gewissen Freunden anecke, wenn ich Blocher so gut finde. Das tut mir leid ... (Pause). Blocher hatte schon recht als er sagte: „Eine Wirtschaftsunion ohne eine fiskalische Gleichschaltung der Politik mittels Euro kann nicht funktionieren.“ Fehler kann man nur verbessern, wenn man Fehler gehabt hat. Jetzt kann man die Fehler korrigieren, nun erfolgen fiskalische Erneuerungen, an die man vor fünf Jahren nicht gedacht hat. Und die Schweiz … - zum Glück braucht man sich um die Schweiz keine Sorgen zu machen. Ein solcher Staat, der mit vier Sprachen so gut existiert, ist für ein globales Zeitalter exemplarisch. Wir können nur etwas lernen dabei.»

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person: Martin Walser …
… wurde am 24. März 1927 in Wasserburg geboren und lebt in Überlingen-Nussdorf am Bodensee. Er ist verheiratet, Vater von vier Töchtern und einem ausserehelichen Sohn. Er gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern der Gegenwart und durfte zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen, so den Georg-Büchner-Preis und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Ausserdem konnte er den Orden «Pour le Mérite» entgegen nehmen und wurde zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt. Wegen dem Roman «Jenseits der Liebe» (1976) wurde er von Marcel Reich-Ranicki heftig kritisiert, was sich 2009 im Roman «Tod eines Kritikers» niederschlug. Ein Kontakt zwischen den beiden Autoren kam nie zustande.
Im März 2012 veröffentlicht der Corso-Verlag «Meine Lebensreisen», Auszüge von Reisen aus den bisher veröffentlichten Tagebüchern. Der Rowohlt-Verlag brachte soeben das Werk «Über Rechtfertigung, eine Versuchung» heraus und im September soll der Roman «Das 13. Kapitel» erscheinen. Im April 2012 kommt das Buch «Der organisierte Tod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung – Pro und Contra» beim Orell Füssli Verlag auf den Markt, worin Walser einen Beitrag schrieb. Aus seiner Sicht könnte er sich den Tod mit Exit vorstellen wie er bereits 2011 im «Stern» berichtete.

Weitere Links:

www.rowohlt.de (Rowohlt hat diverse ältere und neue Romane und Tagebücher
von Martin Walser im Sortiment!)

www.corso-willkommen.de (Corso-Verlag «Meine Lebensreisen», Auszüge von
Reisen aus den bisher veröffentlichten Tagebüchern)

www.ofv.ch (Buchhinweis: «Der organisierte Tod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung – Pro und Contra» beim Orell Füssli Verlag)

Martin Walser auf «YouTube»
 
Mehr zu Karl Barth
Mehr zu Søren Kierkegaard




 

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Die Aussichtsplattform beim Wiler Turm befindet sich auf einer Höhe von 34 m.
Genau so hoch ist der Wasserturm in Luzern. (c) Foto: Webcam/zVg


Infos zum Wiler Turm, der sich oberhalb von der Stadt Wil (Kanton St. Gallen) befindet.

(Von Holzbauingenieur Prof. J. Natterer)  


Der Turm ist als schlanke Holzkonstruktion konzipiert und tritt aufgrund der Lage im Wald kaum in Erscheinung. Lediglich die oberste Aussichtsplattform ist zweckbedingt aus der Ferne sichtbar. Die Aussichtsplattform auf 34 m Höhe ist überdacht. Die Gesamthöhe beträgt 37 m. Der Grundriss des Turms besteht aus einem gleichschenkligen Dreieck mit einer Schenkellänge von 12 m an der Basis. Diese Dreieck verjüngt sich bis zu einer Höhe von 17 m, um dann auf einer Höhe von 34 m wieder die ursprüngliche Grösse aufzuweisen. Die Verkehrs- und Windlasten werden über drei „X“-förmige Stützen abgetragen. Ein „X“ besteht dabei aus zwei oberen und zwei unteren Rundhölzern, die auf der Höhe der Zwischenplattform biegesteif miteinander verbunden werden. Die Lasten aus dem Dach werden von drei „W“-förmigen Fachwerken in den Aussenstützen eingetragen.
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